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TextilWirtschaft: "Unternehmen, die KI nutzen wollen, müssen erstmal die richtige Basis schaffen"

Künstliche Intelligenz ist in aller Munde und findet zunehmend Anwendung im Modehandel. Ein Gespräch mit Lars Voss, Partner bei hachmeister + partner, über das Potenzial von KI im Handel und die aktuelle Marktentwicklung.

Veröffentlicht am 20.03.2024

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"Unternehmen, die KI nutzen wollen, müssen erstmal die richtige Basis schaffen"

Künstliche Intelligenz ist in aller Munde und findet zunehmend Anwendung im Modehandel. Ein Gespräch mit Lars Voss, Partner bei Hachmeister + Partner, über das Potenzial von KI im Handel und die aktuelle Marktentwicklung.

TextilWirtschaft: Kürzlich hat die Technologie-Messe EuroCis stattgefunden. Was waren für Sie die größten Erkenntnisse hinsichtlich Retail-Technik?
Lars Voss: Das Thema Retail-Technologien wird für alle Händler immer wichtiger, um aktuelle Herausforderungen wie etwa Personalmangel in einer gewissen Form zu kompensieren. Auch die Nachfrage und die Anforderungen der Endverbraucher treiben dieses Thema weiter voran. Hierbei rücken KI-Anwendungen immer weiter in den Vordergrund. Es geht darum, die Prozesse schnell in die Umsetzung zu bringen. In der Fashion- und Lebensmittelbranche gibt es hierbei mehrere erprobte KI-Ansätze, die seit einigen Jahren erfolgreich im Einsatz sind. Zwingend notwendig hierfür sind gute Stammdaten, da alle Prozesse nur auf einer guten Stammdatenbasis funktionieren können. Viele Unternehmen müssen hier also erstmal die richtige Basis schaffen, um an die Tech-Trends anknüpfen zu können.

Inwieweit können Tools bei Sortiments- und Absatzplanung helfen?
Es gibt verschiedene Tools, die bei der Sortiments- und Absatzplanung unterstützen oder diese Aufgabe übernehmen können. So kann unser ReStock-Optimizer mittels KI die Verkaufsprognose auf SKU- und POS-Ebene errechnen und nachorderfähige Artikel entweder in benötigter Menge nachsteuern oder eben unter den ursprünglich festgelegten Mindestbestand fallen lassen. Durch den Einsatz dieses KI-Tools konnte bei unseren Mandanten im Vergleichskreis eine Steigerung der LUG in den KI-optimierten Sortimenten von über 20% festgestellt werden - und das bei einem deutlich verringerten Personalaufwand. Ich glaube, dass sich die KI in den Prognosezeiträumen und Zeithorizonten deutlich weiterentwickeln und wachsen wird. Somit können in der Zukunft weitere Prozesse durch KI angereichert und unterstützt werden.

KI ist weiter in aller Munde, wo ergibt diese Anwendung aus Ihrer Sicht für den Modehandel Sinn?
Es gibt verschiedene Bereiche im Modehandel, wo der Einsatz von KI Sinn macht. Die aktuellen Lösungen fokussieren sich stark auf den Warenbereich. Wenn sich Händler in diesem Bereich durch verschiedene Technologien unterstützen lassen, besteht hier ein sehr großer Hebel für Rentabilität. Auch bei kleineren Tätigkeiten z.B. in der Kommunikation, wie das Schreiben von E-Mails, Telefonannahme etc. kann KI bereits mit Chatbots, Übersetzungsprogrammen und weiteren Möglichkeiten unterstützen. So können Prozesse wie z.B. das Beschwerdemanagement vereinfacht bzw. für den Mitarbeiter verkürzt werden.

Wie groß ist derzeit die Investitionsbereitschaft der Handelsunternehmen im Technologiebereich?
Die Investitionsbereitschaft der Handelsunternehmen ist sehr unterschiedlich. Viele Händler haben mittlerweile erkannt, dass diese Tools viele Vorteile mit sich bringen. Gerade in der Handhabung fällt auf, wie groß der Nutzen ist. Wir haben mit an uns angebundenen Händlern die Erfahrung gemacht, dass beispielsweise durch den Einsatz vom ReStock-Optimizer die Bestände um 10% bis 20% reduziert werden konnten, aber gleichzeitig der Umsatz um mehr als 10% gesteigert werden konnte. Wenn Händler diese Vorteile erkennen, sind sie auch bereit, die Investition zu tätigen. Die Voraussetzung ist natürlich, dass diese Lösungen für den Mittelstand bezahlbar bleiben. Wir müssen Ansätze finden, wo Funktionalitäten und Kosten effizient miteinander einhergehen. Für die Händler muss sich die Investition kurzfristig rentieren, damit sie bereit sind, ihre Kosten für die IT zu erhöhen.

Wo sehen Sie die größten Potenziale gerade im stationären Handel?
Ein sehr großes Potenzial sehe ich in der aktuellen Personalsituation. Der Einsatz von KI-Produkten kann den Aufwand um ein Vielfaches verringern, sodass sich das Personal ebenfalls um andere Aufgaben kümmern kann. KI-Technologien sollen keinesfalls Stellen wegrationalisieren, sondern unterstützen und Zeit für mehr Umsatz verschaffen. Um die neuen Verfahren in den stationären Handel bringen zu können, muss allerdings die Basis für bessere Produktstammdaten geschaffen werden. Dann liegen dort viele Potenziale mit individuellem Marketing, Self-Checkouts, Instore-Displays mit dem Ziel von Zusatzverkäufen usw. Wie bereits genannt liegt auch in der Warensteuerung ein enormer Hebel, der weitgehend durch KI übernommen werden kann.

Wie sieht die aktuelle Marktentwicklung aus?
Die Umsatzveränderung im H.I.T.-Kreis liegt aufgelaufen für den Februar bei plus 0,7% zum Vorjahr. Dies ist ein gutes Ergebnis für den schwierigen Jahresstart. Ein weiteres positives Zeichen im Monat Februar haben die Preisänderungen, aufgelaufen mit minus 0,2 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr gesetzt. Ein nicht so erfreuliches Ergebnis lieferten die Stück-Umsätze mit minus 5% aufgelaufen zum Vorjahr.

Wie entwickelten sich die Erlöse in den vergangenen Wochen?
Die vergangene Woche schloss mit einem Umsatzplus von 6,5% zum Vorjahr ab. Am stärksten schloss West- und Südwest-Deutschland ab (plus 12,7% zum Vorjahr). Auch die Frequenz zog im Vorjahresvergleich an (plus 4,9%).

Wie sieht es bei LUG und Conversion Rate aus?
Der Februar endete aufgelaufen im Allgemeinen überwiegend positiv. Der Nettorohertrag konnte um 1,2% im Vergleich zu 2023 angehoben werden. Die Preisänderungen waren aufgelaufen für den Februar rückläufig (minus 0,2 Prozentpunkte). Negativ aufgefallen ist die LUG, die sich um 0,2 Punkte verringert hat. Auch die Conversion Rate hat um 0,8 Prozentpunkte abgenommen.

Welche Produkte und Stilgruppen werden derzeit besonders nachgefragt?
Bei den Damen hatten im Februar vor allem die Premium-Stilgruppen einen hohen Umsatzzuwachs. Die Stilgruppe Modern Classic Premium konnte am stärksten zulegen. In der DOB überzeugten aufgelaufen die Sortimente Röcke (plus 33,1% zum Vorjahr) und Mäntel (plus 19,7% zum Vorjahr). Die Midi-Länge war in dem Sortiment Röcke in der 10. Woche besonders nachgefragt. In unserer Übersicht sind vor allem viele Jeans-Modelle gut gelaufen.

Wie sieht es in der HAKA aus?
Die Herren-Stilgruppen hatten ebenfalls die größte Umsatzveränderung in den Premium-Stilgruppen. Auch hier gewann die Stilgruppe Modern Classic Premium am stärksten. Die Sortimente Mäntel (plus 21,4% zum Vorjahr) und Sakkos (plus 13,4%) schlossen am besten ab. Die TOP-Sakkos in der 10. Woche waren einreihig mit zwei Knöpfen. Farblich überwog dieses Sortiment mit neutralen Tönen wie beige oder zurückhaltenden Blau-Tönen.

TextilWirtschaft, Aziza Freutel: "Unternehmen, die KI nutzen wollen, müssen erstmal die richtige Basis schaffen" (Mittwoch, 20. März 2024)

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